Eine Bekannte sagte gestern zu mir: „Es sind düstere Zeiten. Wir sind absorbiert von Corona und was das mit unseren Leben und unserer Gesellschaft macht. Und im Hintergrund stehen die eigentlichen Krisen. Die Klimakrise. Und diese ganzen Ungerechtigkeiten. Wir streiten hier übers Impfen, global ist das Luxus. Es hört nicht auf. Es sind düstere Zeiten in denen wir leben.“ Ja, denke ich, Kolonialismus, Rassismus, das Patriarchat, Tierindustrie – die Liste geht immer weiter.
Und ich war berührt und dankbar. Wir telefonierten eigentlich über etwas konkretes organisatorisches und sie spricht einfach den Schmerz des Lebens im Hier und Jetzt an. Ein schöner Moment der Verbundenheit und Wahrhaftigkeit.
Zufällig will ich gerade am kommenden Wochenende neu zu einem Trauer-Kreis stoßen. Seit ein paar Monaten hab ich nach einem Format für mich gesucht, dass das bietet: Einen Raum, der extra dafür geschaffen ist den Schmerz und die Trauer zu fühlen, die es in uns auslöst, wenn wir uns mit dem Zustand der Welt verbinden. Denn auch wenn ich regelmäßigen Austausch mit Kolleg:innen und Freund:innen habe, in dem ich meine Gefühle auf den Tisch legen kann, so taucht da von allein dieser Weltschmerz selten auf. Mir ist als ob es dafür noch eine extra Einladung bräuchte. Wahrscheinlich weil die Abspaltung so tief eingeschrieben ist in unseren Alltag. Und ich sehne mich danach, genau mit diesen Schmerzen in Kontakt zu kommen und mit dabei mit anderen Menschen verbunden zu sein. Ohne das wächst ein Kloß in meiner Brust und ein Druck in meinem Leben und verstopfen die nicht geweinten Tränen die Kanäle für meine Lebendigkeit und Tatkraft. Nach dem Erlebnis von gestern freue ich mich noch mehr auf meinen Trauerkreis.